Barrierefreier DMS-Arbeitsplatz

Ein Kernziel von iDESkmu ist die Entwicklung eines Arbeitsplatzes für eine barrierefreie Dokumentenmanagementsystem (DMS)-Lösung. Gemeint ist damit ein allgemein zugänglicher DMS-Arbeitsplatz, der alle im Laufe des Projekts gewonnenen Erkenntnisse in sich vereint: Menschen mit Sinnesbehinderungen sollen problemlos damit arbeiten können, das installierte DMS stellt für die am Platz zur Verfügung stehenden Arbeitsbereiche (s.u.) eine Musterlösung dar, die nicht nur als Blaupause für alle DMS-Hersteller gedacht ist, sondern auch in Abstimmung mit möglichst vielen DMS-Herstellern geschaffen wurde. Diese Referenzlösung soll die Kriterien für vernetztes Arbeiten 4.0 erfüllen und den Anforderungen des Design für Alle entsprechen. 

Was steckt hinter diesen beiden Konzepten?

Arbeiten 4.0

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) hat im April 2015 mit einer Auftaktkonferenz den Dialogprozess Arbeiten 4.0 gestartet. Unter diesem Begriff versammelte das BMAS die Gesamtheit der Veränderungen in der Arbeitswelt (Digitalisierung, demographischer Wandel, Globalisierung, Migration, Wandel der Werte und Ansprüche) und die daraus resultierenden gesellschaftlichen Folgen. Alle damit verbundenen Fragen wurden in einem Grünbuch mit dem Titel "Arbeiten 4.0" zusammengefasst. Diese wurden in einem breiten Fach- und öffentlichen Dialog erörtert. 

Mögliche Perspektiven, Szenarien und Gestaltungschancen für eine zukünftige so genannte Gute Arbeit (Kurzdefinition vom BMAS: Arbeit, die dem Menschen nützt und die Wirtschaft voranbringt) wurden Ende 2016 im Weißbuch zusammengefasst. In ihm geht es auch um mögliche Antworten, ob und wie die Digitalisierung Arbeit für alle ermöglicht und wie die engere Verzahnung von Mensch und Maschine den individuellen Arbeitsprozess unterstützen und zu mehr Empowerment der Beschäftigten beitragen kann. Das Weißbuch unterstreicht die zukünftigen Möglichkeiten für die Integration aller Bürger*innen, für eine stärkere individuelle Teilhabe, Mitgestaltung und Selbstbestimmung u. a. durch die flexible Gestaltung der Arbeitszeit und des Arbeitsortes. 

Es entwicklen sich neue Entscheidungsfindungs- und Umsetzungsprozesse in Organisationen, die sich in vielen Bereichen von den klassischen Organisationsstrukturen mit starren Hierarchien lösen. Je nach Projekt bzw. Aufgabe bilden sich wechselnde Teams. Dafür ist eine funktionsübergreifende und standortunabhängige Vernetzung von Expertenwissen notwendig. 

Dokumentenmanagementsysteme und Enterprise Content Managementsysteme (ECMS) können die geschilderten Prozesse unterstützen und sind Voraussetzung für ein ‚digitales Büro‘.  Durch die stärkere Flexibilität in den Organisationsstrukturen und in der Arbeitsgestaltung wird die Vernetzung aller Mitarbeiter*innen und der zuverlässige Zugang auf alle Informationen weiter an Bedeutung gewinnen. Arbeitsplätze in diesen Bereichen haben demnach gute Wachstumsprognosen. Barrierefreie IT-Lösungen ermöglichen Beschäftigungsmodelle für Menschen mit Behinderungen, die, wie von Arbeiten 4.0 gefordert, Flexibilität in der Arbeitszeit und -organisation zulassen.

Design für Alle

„Design für Alle (DfA) ist ein Konzept für die Planung und Gestaltung von Produkten, Dienstleistungen und Infrastrukturen, mit dem Ziel, allen Menschen deren Nutzung ohne individuelle Anpassung oder besondere Assistenz zu ermöglichen.“ So erklärt EDAD – Design für Alle Deutschland e.V. das Konzept in Kürze. Seinen Ursprung hat Design für Alle im skandinavischen Funktionalismus der 1950er Jahre und im ergonomischen Design der 1960er Jahre. Das Design für Alle bezieht von Anfang an alle potenziellen Nutzer*innen in Teilhabe und Gestaltung ein, wohingegen Barrierefreiheit (oder auch Accessibility) Menschen mit Behinderungen adressiert und somit ein Teilbereich der Usability ist (weitere Informationen zu Accessibility & Usability finden Sie hier). Barrierefreiheit ist in Deutschland gesetzlich verankert, ein weiterer Unterschied zum DfA. Design für Alle grenzt sich zu weiteren Konzepten wie Universal Design und Inclusive Design durch die zusätzliche Berücksichtigung des Entstehungsprozesses (Entwicklung, Nutzerorientierung und Nutzerbindung) sowie der Marktorientierung ab.

Design für Alle nennt folgende Kriterien für die Entwicklung von Lösungen:

  • Gebrauchsfreundlichkeit (einfach und sicher nutzbar)
  • Anpassbarkeit (Nutzer*innen können sie an ihre individuellen Bedürfnisse anpassen)
  • Nutzerorientierung (frühzeitige Berücksichtigung der Nutzer*innen in die Entwicklung)
  • Ästhetische Qualität (nur attraktive Lösungen erreichen alle)
  • Marktorientierung (breite Positionierung, optimale Ausschöpfung des gesamten Marktpotenzials)

Design für Alle ergänzt Barrierefreiheit um gestalterische und ästhetische Aspekte. In ihrem Nationalen Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtkonvention verpflichtet sich die Bundesregierung zur Ergreifung geeigneter Maßnahmen des Design für Alle. In der Europäischen Richtlinie 2004/18/EG empfiehlt die EU-Kommission die Einführung von DfA-Anforderungen in öffentlichen Ausschreibungen.

Durch den demografischen Wandel erhöht sich die Anzahl der Menschen mit Behinderungen oder (zeitweiligen) Beeinträchtigungen. Aber auch die Zunahme von Mobilität, Migration und Allergien/Unverträglichkeiten ergeben neue Anforderungen, die genauso wie bisher vernachlässigte Nutzergruppen in die Ansprüche an ein Design für Alle einfließen.

Neue Beschäftigungsmöglichkeiten durch DMS-Referenzlösung

Der Prototyp, den wir im Laufe des Projekts iDESkmu entwickeln, wird allgemein zugänglich sein und auch über das REHADAT-Informationssystem (Informationsangebot zur beruflichen Teilhabe und Inklusion von Menschen mit Behinderungen, Projekt des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln e. V.) bereitgestellt werden. Er soll die grundlegenden Elemente eines Dokumentenmanagementsystems (DMS) abbilden. 

Dazu gehören:

  • Eingabemodul (Capturing)
  • Archivierungs- und Verwaltungsmodul (Managing, Storing, Preserving)
  • Ausgabemodul (Delivering)

Für die Integrationsämter bietet die Schaffung einer Arbeitsplatzlösung neue Handlungsansätze in den von ihnen betreuten Organisationen. Die im Projekt entwickelten Instrumente, Schulungsmaterialien und Handlungsleitfäden können gezielt für arbeitsplatzbezogene Beratungen genutzt werden. Die Projektergebnisse werden konkrete Anforderungen für die Definition von IT-Arbeitsplatzanforderungen definieren und somit verbesserte Beschäftigungsmöglichkeiten für Menschen mit Behinderungen eröffnen. Damit kann ein großes zusätzliches Potenzial an qualifizierten Beschäftigungsmöglichkeiten in einem bisher wenig beachteten Marktsegment genutzt werden.