Warum Barrierefreiheit?

Unternehmen und andere Organisationsformen werden sich im Fahrwasser der digitalen Transformation verändern. Den multiplen Herausforderungen lässt sich u. a. durch transparente Unternehmensstrukturen (eine Forderung von Arbeiten 4.0), die es ermöglichen, dass jede Stimme im Unternehmen - unabhängig von Funktion und Qualifikation - gehört wird, effektiver begegnen. Das heißt, dass ein systematischer Einsatz für barrierefreie Arbeitsplätze und eine damit einhergehende Sensibilisierung für die Bedürfnisse der Mitarbeiter*innen mit Behinderungen wichtige Effekte in der Unternehmenskultur erzielen kann. Gleichzeitig ist der Fachkräftemangel ein drängendes Thema, mit dem sich nicht nur der Mittelstand auseinandersetzen und Lösungen finden muss. Das Projekt iDESkmu setzt an diesen wichtigen Schlüsselpunkten an und verbindet sie mit dem sich rasant verändernden Zusammenspiel zwischen Mensch und Maschine. Laut dem Fraunhofer-Institut läuft heute ein Viertel der Produktion in Deutschland bereits voll- oder hoch-automatisiert ab. Der Dienstleistungsbereich wird weiter an Relevanz gewinnen, obwohl schon heute über 70 % der Erwerbstätigen in diesem Bereich arbeiten. Diese Strömungen zeigen, dass IT-Arbeitsplätze (auch im Bereich von Dokumentenmanagementsystemen) geschaffen werden müssen, die für alle qualifizierten Mitarbeiter*innen zugänglich sind.

Barrierefreiheit – Vorteile für alle

Der Begriff Barrierefreiheit, ursprünglich aus der Architektur stammend und sich ausschließlich auf die Bedürfnisse für Menschen mit Behinderungen beziehend, kann man heute sehr viel weiter fassen. Letztendlich geht es um eine umfassende Zugänglichkeit für alle in der jeweiligen Lebens- und Arbeitswelt. Es geht also u. a. auch um Ältere, zeitweise beeinträchtigte Menschen und um die Berücksichtigung von individuellen Fähigkeiten. In der barrierefreien IT geht es u. a. um einen guten Empfang, schnelle Ladezeiten, einen technologieunabhängigen Zugang und eine klare Struktur und Navigation. Werden Kriterien der Barrierefreiheit berücksichtigt, werden die IT-Anwendungen flexibler, geräteunabhängig, im Netz besser auffindbar und zielgruppenerweiternd. Die User Experience wird durch vielfältige Optionen für alle Nutzer*innen erweitert. Hier ein paar Beispiele, wie Barrierefreiheit in der IT Vorteile schaffen kann:

  • Für sehbehinderte Menschen ist ein starker Kontrast wichtig. Für alle Nutzer*innen wird eine mögliche Blendung abgeschwächt und das Arbeiten bei Sonneneinstrahlung oder Reflexion erleichtert.
  • Die Autokorrektur ist ein hilfreiches Tool für Menschen mit motorischen Behinderungen, erleichtert aber allen Nutzer*innen die schnelle Kommunikation.
  • Alternativtexte für Bilder und Grafiken sind für blinde Menschen eine Voraussetzung, um Zugang zu allen Informationen zu erhalten, hilft aber auch allen Nutzer*innen in empfangsschwachen Gebieten (U-Bahn etc.). Gängige Software integriert heutzutage einen Bildbeschreibungsalgorithmus, was die Relevanz für alle Nutzer*innen unterstreicht.
  • Videos können nicht in jeder Situation mit Ton abgespielt werden. Hier helfen Untertitel allen - für höreingeschränkte Menschen ist dieses Kriterium wichtige Voraussetzung, um an allen Informationen teilhaben zu können.

Barrierefreiheit ist das Tor zu einer selbstbestimmten Lebensführung und elementar für die Chancengleichheit im Arbeitsleben.

 Zitat aus der REHADAT-Umfrage „Mit Sehbehinderung und Blindheit im Job“

Barrierefreiheit – Vorteile für Unternehmen

Eine Forschungsstudie unter Fortune 100 Unternehmen (Liste der größten Unternehmen der Welt nach Umsatz und Marktkapitalisierung) hat schon 2005 festgestellt, dass diese die Inklusion von Mitarbeitenden mit Behinderungen als Teil ihrer Diversitäts-Strategie und ihres Erfolges mit großer Selbstverständlichkeit integriert haben. Unternehmen, die sich mit Möglichkeiten der Accessibility auseinandersetzen, sind innovativer, stärken ihre Marke und erreichen neue Zielgruppen.

Unternehmen müssen sich an immer konkretere und fordernde rechtliche Rahmenbedingungen im Sinne einer umfassenden Barrierefreiheit halten. Statt nur die minimalen Anforderungen zu erfüllen, kann eine intensive Beschäftigung mit Accessibiltiy in der IT, mit den unterschiedlichen Bedürfnissen der Mitarbeiter*innen und der Kund*innen zu kreativen und erfolgreichen Ergebnissen führen und die Customer Experience sowie die kollegiale Produktivität merklich verbessern.

Weltweit leben 1 Milliarde Menschen mit einer oder mehreren Behinderungen. Das sind 15 % der Weltbevölkerung mit einer Kaufkraft von über 6 Billionen US$, so die Zahlen der Weltbank von 2018. Ein gewichtiger Grund, um deren Bedürfnisse in zukünftige Entwicklungen einfließen zu lassen. Unternehmerisches Handeln nach einem Commitment für Barrierefreiheit stärkt darüber hinaus die Marke, schärft das Image und führt zu steigender Loyalität sowohl von Mitarbeiter*innen als auch von Kund*innen . Durch barrierefreie Arbeitsplätze können neue qualifizierte Bewerbergruppen erschlossen und die Arbeitsumgebung von älteren Mitarbeiter*innen ihren Bedürfnissen entsprechend angepasst werden.

In der Wissenschaft ist die Begrifflichkeit Behinderung schon länger kein medizinisches, sondern ein soziales, kulturelles Phänomen, das die gesamte Gesellschaft betrifft. „[Sozialkompetenz] wird in einem barrierefreien und inklusiven Umfeld deutlich gefördert.“, sagt Prof. Annika Hermann von der Universität Hamburg. Es geht um ein gleichberechtigtes Leben in der Gesellschaft. Dafür müssen diskriminierende Barrieren, die Zugänglichkeit verhindern, abgebaut werden.